Die evangelische Stadtkirche

Öffnungszeiten vom 29. Juni bis 31. August 2020:

Montags bis freitags
Morgens: 11:00 bis 12:00 Uhr
Nachmittags: 14 – 15 Uhr

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Der und Altarraum in der über 500-jährigen Kirche, mit einem prachtvollen Sterngewölbe überdeckt, ist sicher der älteste Teil der Kirche. Wahrscheinlich wurde dieser Teil ursprünglich zu reinen Begräbniszwecken genutzt. Die Amtskirche lag zu jener Zeit südlich von Dillenburg im Dörfchen Feldpach.

Der Weg dorthin war weit, und immer mehr Bürger siedelten sich in der Nähe der Burg an. Darum beantragte Graf Johann V. bei dem Trierer Erzbischof die Verlegung der Pfarrki­che nach Dillenburg. Am 3. Juni 1491 wurde sie als Johanniskirche geweiht. Dieser Name findet sich heute nur noch bei der Johanniskantorei wieder.
Der Schlussstein im Chorhaupt ist in seiner Dreipassform als flaches Relief ausgearbeitet. Es stellt den nassauischen Löwen mit den sieben Schindeln dar, und weist so auf den Grafen von Nassau als Patronatsherren der Kirche hin.

Die Fertigstellung und der Bau des Turmes zog sich bis Anfang des 16. Jahrhunderts hin. Knapp 40 Jahre war es eine katholische Kirche: 1521 lernte Wilhelm der Reiche beim Reichstag zu Worms Martin Luther kennen. 8 Jahre später berief er Heilmann Bruchhausen zu seinem Hofkaplan, der die lutherische Lehre in der ganzen Grafschaft verbreitete.
Schon bald, 1594, wurde der Raum für die Gläubigen zu klein und man baute an der Längsseiten zwei übereinanderliegende Emporen ein. Die dritte Empore auf der Bergseite kam erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dazu. Im Altarraum, ebenfalls zur Bergseite hin, befindet sich der Zugang zur Fürstengruft. Vier Zinnsärge sind in dem von zwei gratigen Kreuzgewölbe
über­deckten Raum aufgestellt. 1680 wurde die Gruft vom Fürsten Heinrich von Nassau (1641–1701) eingerichtet.

Das Epitaph an der gegenüberliegenden Wand stellt ihn mit seiner Frau Dorothea Elisabeth (164–1691) dar. In der Mauer hinter dem Altar ist eine Tafel eingelassen, deren Text auf die Bedeutung dieser weit über die Grenzen Nassaus hinaus wichtigen Stätte im hohen Chor hinweist.

Die Inschrift lautet:

Grabstätte der Nassau-Dillenburger Grafen- und Fürstenfamilie
Hier ruhen die Ahnen des preußischen und holländischen Königshauses, Graf Wilhelm der Reiche, gest. 1559 und
Juliane von Stolberg, gest. 1580, die Eltern Wilhelm des Schweigers, und dessen Bruder Johann VI., gest. 1606

Eine besondere Kostbarkeit ist der Herzgrabstein, der sich im Chor befindet. Graf Johann IV. wurde 1475 in Breda bestattet, aber auf seinen Wunsch hin blieb sein Herz in der Heimat Dillenburg. In der Deckenmitte des Kirchenschiffs be­findet sich das Stuckrelief eines Pelikans mit vier Jungen. Diese Arbeit in Medaillonform stammt aus dem letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts und trägt die Umschrift:

Der Herr Christus sprengt uns mit seinem Blut, wie der Pelikan seinen Jungen thut.

Johann der VI. gründete 1551 eine Lateinschule, die über 200 Jahre blang in dem Raum über dem Kirchenschiff ihr Domizil hatte. Daraus entstand das heutige Gymnasium, die Wilhelm-von-Oranien-Schule.

1989 bis 1990 wurde die Kirche renoviert. Aufgrund der Befundeb empfahl der Restaurator die Rekonstruktion der barocken Fas­sung, die als beinzige durchgängig belegbar ist. Damit bekam die gesamte Innenausmalung in brestaurativer Feinarbeit ihre barocke Gestalt wieder. Im Zuge der Restaurierung erhielt die evangelische Gemeinde auch das barocke Orgel­gehäuse wieder zurück, das schon einmal (1719–1880) hier in der Stadtkirche seinen Platz hatte.
Nun präsentiert sich der historische Prospekt in seiner früheren Schönheit und birgt eine Orgel mit über 2800 Pfeifen in 46 Registern auf 3 Manualen, die höchste Ansprüche erfüllt. In den Folgejahren wurde die Orgel durch weitere Baumaßnahmen ergänzt. Sie erhielt 1993 drei zusätzliche Register und 1998 den Posaunenengel. 2002 wurde das Rückpositiv eingebaut und im nächsten Jahr folgte die Setzeranlage sowie das Wendel-Glockenspiel. Im Jahr b2005 wurde die Orgel mit dem Einbau ei­nes 32′ Registers auf jetzt 45 klingende Register vollendet. Die Orgel gehört nun zu den bedeutensten und schönsten Instrumen­ten Hessens. Am 7. Oktober 1990 erklang sie zum ersten Mal zur Ehre Gottes und zur Freude der Gemeinde, wie die Orgelbauer der Firma Gebr. Oberlinger aus Windes­heim es wünschten.

Ein spitzbögiges Portal führt in das mit gratigem Kreuzgewölbe überdeckten Unter­geschoss des Turmes, zum Haupteingang des Schiffs.  Zum alten Bestand der Kirche gehören noch eine Taufkanne und eine Taufschale, die der in der Seitengruft bestattete Fürst Wilhelm seiner Gemeinde 1705 zum Geschenk machte. Auch zwei Abendmahlskannen und ein Brotteller aus dem 17. Jahrhundert, gestiftet von Dorothea Elisabeth, der Mutter des Fürsten Wilhelm, werden noch immer beim jeweiligen Anlass von der Gemeinde genutzt.

Im Glockenstuhl befinden sich drei große Stahlglocken, die als Ersatz für das im Ersten Weltkrieg abgelieferte Läutewerk gegossen wurden. Es sind eine B-Glocke, eine Des­-Glocke und eine Es-Glocke. Neben diesen drei neuen Glocken befindet sich noch eine alte Bronzeglocke aus dem 16. Jahrhundert im Geläut der Stadtkirche. Diese kostbare kleine F-Glocke mit 800 kg wurde 1510 hier an Ort und Stelle gegossen.

Junggraf Wilhelm der Reiche und seine erste Gemahlin Walpurga von Egmont waren bei der Taufe der alten „Feuerglocke” anwesend. Sie erhielt den Namen: „Walpurgis-Glocke“. Diese alte Bronzeglocke wurde jahrzehntelang als Feuerglocke genutzt und erklingt auch heute noch täglich jeweilsum 12.00 und 19.00 Uhr.