Klaus-Peter Mücke wurde am 13. August 1933 in Halle an der Saale geboren. Mit jenem Schicksalsjahr des Nationalsozialismus setzte er sich sein Leben lang kritisch auseinander. Der Bau der Berliner Mauer an seinem Geburtstag 1961 sollte zum anderen Lebensthema werden. Damals war er nach der Schulzeit im Pädagogium der Francke‘schen Stiftungen und dem Theologiestudium an der Universität in Halle schon im Westen als Pfarrvikar der EKHN in Frankfurt am Main. Dort hatte er mit seiner Frau Brigitte eine Familie gegründet. 1962 zog die wachsende Familie nach Dillenburg in die Johannstraße. Das neu erworbene und erweiterte Pfarrhaus wurde Amtssitz für das Pfarramt I, dessen Inhaber er 34 Jahre lang sein sollte. Zusammen mit Kollegen wie Pfarrer Wolfgang Meyberg, der auch aus dem Osten kam und letztes Jahr verstorben ist, oder Pfarrer Werner Schauß prägte er das Dillenburger Gemeindeleben nachhaltig.
Pfarrer Mücke wurde in den 60er und 70er Jahren zu einem streitbaren Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit. Unter dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ suchte er in der kirchlichen Friedensarbeit und bei Ostermärschen eine prophetische Vision zu verwirklichen, im engen Schulterschluss zu den Gemeinden im Sozialismus der DDR. Er betrieb maßgeblich die Patenschaft und wachsende Partnerschaft des Dillenburger Dekanates mit den Kollegen und Gemeinden des Kirchenkreises Schkeuditz bei Leipzig. „Man sollte weniger Mauern und mehr Bücken bauen“. Dieser Losung war er verpflichtet, auch in seiner über die Gemeinde hinausgehenden Arbeit für das Gemeinwesen. Er war z.B. Gründungsmitglied der Lebenshilfe in Dillenburg und engagierte sich im Jugendwerk des Kreises, das zum Jugendhaus im Hofgarten führte. Über viele Jahre hinweg sorgte er wöchentlich mit seinen „Mückenstichen“ für interessante Beiträge in den Zeitungen, nicht nur zu biblischen, sondern auch zu gesellschaftlichen und politischen Themen. Damit machte er sich nicht immer beliebt und eckte an.
Klaus-Peter Mücke war ein begnadeter Prediger, der im doppelten Sinne „kein Blatt vor den Mund nahm“. Sein ganzer Einsatz galt der Seelsorge und der Begleitung von vielen Menschen in und außerhalb der Gemeinde. Er war ein Pfarrer, der gerne Besuche machte und ein Mensch unter Menschen sein wollte, mit all ihren Freuden und Sorgen. Ebenso leidenschaftlich widmete er sich der Jugend und gründete über den Schul- und Konfirmandenunterricht hinaus das „Tee-Ei“ im Keller des alten Zwingel-Gebäudes. Daran erinnern sich viele Dillenburger Gemeindeglieder bis heute. Er unterrichte am Gymnasium und in der Schwesternschule des Krankenhauses Religion und christliche Ethik. Viele Vikarinnen und Vikare lernten bei ihm den Pfarrberuf kennen. Er begleitete sie bis zur 2. Theologischen Prüfung und hat somit seiner Landeskirche und der Nachwuchsbildung einen großen Dienst erwiesen.
Für die Ökumene in der Stadt hatte der lutherisch geprägte Theologe von Anfang an ein großes Herz. Mit den Priestern Röder und Zerfas sowie den Verantwortlichen und Gläubigen der katholischen Pfarrei Herz Jesu und seiner evangelischen Gemeinde kam es zu vielen ökumenischen Begegnungen und Aktionen. Auch hier galt es, Mauern abzureißen und Brücken zu bauen.
Hervorzuheben ist zudem sein Einsatz für die Überlebenden des KZ Wapniarka. Pfarrer Mücke unterstützte und begleitete dabei Charlotte Petersen, die „größte Bettlerin des Jahrhunderts“ und Ehrenbürgerin der Stadt Dillenburg. Von Anfang verbunden mit dem Anliegen der „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dillenburg e.V.“ (GCJZ) erhielt er zurecht im Juni 2016 die Charlotte Petersen-Medaille, die höchste Auszeichnung der Stadt Dillenburg. Dieser Stadt war er weit über sein Berufsleben hinaus treu geblieben. Bei vielen kulturellen, literarischen und geselligen Veranstaltungen war er ein gerne gesehener Gast. Auch nachdem er 2016 vorausschauend ins Haus Elisabeth gezogen war. Dort lebte er gerne unter Menschen und besuchte treu und bescheiden die Gottesdienste in der Kapelle. Hier ist er gut versorgt und begleitet am Montag, dem 29.11.2021 entschlafen, mit gesegneten 88 Jahren.
Er schrieb auf seiner alten Schreibmaschine im April 2013: „Ich bin der Klaus-Peter Mücke, evangelisch von Geburt an, hatte zwar den Beruf des Pfarrers (und bin über diese meine Berufsentscheidung immer wieder froh und dankbar), aber ich bin Dillenburger Gemeindemitglied.“ Als solch normales Gemeindemitglied wollte er auch auf dem Friedhof beerdigt werden. Dass es dazu wegen Corona nicht in großer Zahl kommen konnte, schmerzt. Deswegen konnte nur mit begrenzter Anzahl von Gästen aus der verstreuten Familie und Freundesschar ein Gedenkgottesdienst in der Stadtkirche stattfinden. Man kann das dort Gesprochene und Gesungene zeitnah auf der Homepage dieser Website nachhören (www.ev-kirche-dillenburg.de).
Die Beisetzung erfolgt im Familienkreis im Grab der Familie. Über der Traueranzeige wird die Botschaft der Engel an Weihnachten stehen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden!“ (Lukas 2,14). Das passt zu seinen Lebensthemen. Die Kirchengemeinde Dillenburg und viele andere Vereine und Initiativen, auch der Rotary Club, dessen Mitglied er war, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren und trauern mit seinen vier Kindern und zwei Schwestern und deren Angehörigen.
Pfarrer Dr. Friedhelm Ackva